Ich schaue seit Ewigkeiten mit Bewunderung auf Leute die sich ein unabhängiges Einkommen aufbauen. Sei es durch Immobilien, Aktien, Teilhaberschaften, Selbstständigkeiten oder gar eigenen Firmen mit Angestellten.
Wie war der Weg solcher Menschen? Was hat sie dazu bewogen, diesen Weg zu gehen. Welche Schwierigkeiten hatten sie und welche Tipps haben sie für Menschen die einen ähnlichen Weg gehen oder Ziel erreichen wollen?
Hierzu hatte ich mit einem bekannteren Menschen, Ngolo Kante angefangen. Aus dem nichts hat er durch Talent, Wille und Fleiß was großartiges aufgebaut. Er ist nun natürlich kein Durchschnittsbürger mehr, sondern ein Top-Verdiener und Superstar beim Fussballklub FC Chelsea.
Umso mehr freut es mich, dass ich heute jemanden aus unserer Mitte als Gast gewinnen konnte der uns mit seinem Weg und Erfahrung mit diesem Interview sicherlich motivieren könnte. Vielleicht kann man sich von ihm auch was abschauen. Ich bin mir sicher, dass das der Fall sein wird.
Ich stelle euch den Twitter-Nutzer @boersenstilz vor:
Inhaltsverzeichnis
Interview mit @Boersenstilz
Wer bist du? Wie alt bist du? Wo und wie lebst du?
Im Internet bleibe ich lieber anonym. Mein Twitter Pseudonym ist Börsenstilzchen (@boersenstilz).Ach, wie gut, dass niemand weiß...
Ich bin Jahrgang 1964 und wohne in Baden-Württemberg, zusammen mit meiner Lebenspartnerin, in einem Eigenheim. Kinder haben wir keine.
Wie war dein Werdegang und was hast du beruflich gemacht?
Nach meinem Realschulabschluss habe ich eine Berufsausbildung zum Industriekaufmann absolviert. Das waren die 80er, die Zeit der Heimcomputer. Zuhause, auf dem Küchentisch, habe ich mir selbst das Programmieren beigebracht. Als ich dann während meiner Ausbildung in der EDV-Abteilung war, stand für mich fest, dass ich mein Hobby zum Beruf machen werde. Nach meinem Wehrdienst begann ich als Organisationsprogrammierer in einem Softwarehaus. Ein paar Jahren später wechselte ich zu einem anderen Unternehmen und war dort 30 Jahre als Softwareentwickler tätig.
Wann hast du angefangen zu sparen?
Ich war schon immer sparsam. Meine Eltern waren da ein gutes Vorbild für mich. Sparsamkeit war bei uns in der Familie normal. Rückblickend habe ich aber nicht das Gefühl, dass mir jemals etwas gefehlt hätte. Ich glaube dem Wort „Sparsamkeit“ haftet bei vielen Leuten ein negativer Beigeschmack an. Für sie ist Sparsamkeit gleich Verzicht. Ich verwende daher lieber das Wort „Genügsamkeit“. Genügsamkeit bedeutet, dass man mit dem, was man hat, zufrieden ist und nicht immer nach mehr strebt.
Wie lange lebst Du schon von deinen Kapitaleinkünften? War es immer schon dein Ziel davon zu leben oder hat es sich ergeben?
Ende 2019, im Alter von 55, habe ich meinen Job gekündigt und bin Privatier geworden. Das war schon solange ich zurückdenken kann mein Plan. Ich wollte immer der eigene Herr über meine Zeit sein. Bereits viele Jahre vor meinem Ausstieg hatte ich mit Finanz- und Entnahmeplänen meine finanzielle Zukunft durchgerechnet und geplant.
Wie bist du auf die Börse aufmerksam geworden?
Meine ersten Erinnerungen an die Börse stammen aus den 70ern. Damals, als Kind, musste man die Klappe halten wenn Vater mittags die Börsenkurse im Radio hören wollte. Irgendwann in dieser Zeit bekam ich von ihm auch meine ersten Aktien geschenkt. Gelsenwasser AG. Ich besitze diese Aktien heute noch. Richtig eingestiegen bin ich im Jahr 2000. Der „Neue Markt“ war in aller Munde. Der Hausmeister gab einem Börsentipps. Man konnte der Börse nicht entkommen. Plötzlich gab es von allen Seiten Informationen und durch die Online-Broker wurde einem der Einstieg sehr leicht gemacht. Auch ich habe damals ein wenig Lehrgeld bezahlt aber unterm Strich zahlte es sich dick aus und ich blieb motiviert dabei.
Kannst du grob sagen, wieviel % du von deinem Gehalt/Einkommen investiert hast? Hast du da Gewohnheiten wie z.B. Automatische Überweisungen, Unterkonten für spezielle Ziele etc.
Nein. Als Softwareentwickler habe ich sehr gut verdient. Einen Großteil meines monatlichen Gehalts konnte ich sparen bzw. investieren. Einen festen Prozentsatz habe ich dabei nicht festgelegt. Einfach was übrig war nach einem genügsamen Leben. Ich habe mich eigentlich mehr mit meinen Ausgaben und deren Vermeidung beschäftigt. Ich bin Schwabe😉.
Wie hast du investiert? Aktien, Immobilien, Teilhaberschaft. Hattest du hier auch schon Geld z.B. durch Erbe?
Anfangs habe ich nur gespart. Als Kind das Sparschwein, dann das Sparbuch. Später, als es noch ordentlich Zinsen gab, Sparbriefe und Festgeld. So habe ich mir über die Jahre eine solide Basis geschaffen. Mit diesem Polster als Sicherheit, konnte ich dann später relativ entspannt mein Gehalt in Aktien investieren. Eigene Immobilien habe ich nicht angestrebt, da meine Eltern bereits ein eigenes Haus gebaut hatten. Bis auf die Immobilie für mietfreies Wohnen hatte ich für meinen Weg eigentlich kein Erbe fest eingeplant. Die Erbschaft von meinen Eltern, insbesondere die Aktien von meinem Vater, hat mir dann aber zusätzliche Sicherheit gegeben und dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Hätte ich die finanzielle Freiheit auch ohne Erbschaft erreicht? Ja! Vermutlich etwas später. Vermutlich mit etwas mehr Unsicherheit.
Welche Strategie hast du verfolgt? Worauf hast du geachtet?
In meiner ganzen Zeit als Aktionär habe ich gerade mal 4 Trades gemacht. Und danach bereut.
@Boersenstilz
Ich habe größtenteils die Dividendenstrategie verfolgt und die Dividenden wieder reinvestiert. Ich verkaufe eigentlich nicht. In meiner ganzen Zeit als Aktionär habe ich gerade mal 4 Trades gemacht. Und danach bereut 😉 Für mich geht Value vor Growth. Natürlich freue ich mich auch über eine tolle Performance meiner Aktien, aber Buchgewinne können morgen schon wieder futsch sein. Für mich zählen die Dividenden die auf meinem Konto eingehen. Davon kann ich inzwischen leben und in kleinerem Umfang auch weiterhin investieren. Zur Minimierung meines Risikos verzichte ich lieber auf etwas Performance. Am liebsten investiere ich in Firmen die Konsumgüter produzieren, denn die werden eben konsumiert, müssen also regelmäßig nachgekauft werden. Die meisten Werte meines Aktienportfolios sind somit „Langweileraktien“.
Wie sehen deine Investment prozentual aus?
Portfolio:
96% Aktien
1% Fonds
1% ETFs
0,5% Gold
1,5% Cash für weitere Investitionen
Weiterhin halte ich noch eine größere Cash Position, die auf keinen Fall mit Risiko investiert wird und die mich jederzeit gut schlafen lässt.
Aufteilung Aktienportfolio:
~60% Nichtzyklischer Konsum
~10% Zyklischer Konsum
~10% Grundstoffe
~5% Gesundheit
~5% Industrie
~2% Versorger
~2% Immobilien
~2% Technologie
~2% Energie
~1% Kommunikation
~1% Finanzen
Deine Top drei Performer und Flops sind welche?
Top 3 als absolute Performaer: Nestlé, Procter & Gamble, Philip Morris Abs.Perf.
Flop 3: General Electric, Nokia, TUI
Welche Tipps hast du für Anfänger?
Schwierig. Leider habe auch ich nicht den Geheimtipp wie man schnell reich wird. Ich denke der wichtigste Punkt für das Erreichen von finanzieller Freiheit ist seine Ausgaben unter Kontrolle zu bekommen. In der Fotografie hat man drei „Stellschrauben“ um zu einer guten Belichtung zu kommen. Blende, Empfindlichkeit und Belichtungszeit. Diese Werte müssen gut aufeinander abgestimmt sein. Verändert man einen Wert, muss mindestens ein weiterer Wert entsprechend angepasst werden, um zu einem guten Resultat zu kommen. Beim Investieren ist das ähnlich. Die drei „Stellschrauben“ sind Einnahmen, Ausgaben, Zeit. Sind deine Ausgaben hoch, musst du mehr einnehmen oder länger ansparen. Es ist oft einfacher die Ausgaben zu verringern als die Einnahmen zu erhöhen. Zeit haben wir ja alle zu wenig😉
Auch würde ich raten weniger auf die gerade aktuell „durch das Dorf getriebene Sau“ zu setzen. Tägliche neue Höchststände bei den Hype-Investments sind nett anzusehen, aber nur realisierte Gewinne sind wirkliche Gewinne. Was hoch steigt, kann tief fallen. Nur, runter geht es meistens schneller!
Dann noch: 3G! Nein, nicht geimpft, genesen und getestet. Gegessen, getrunken und geputzt wird immer. Das war vor 50 Jahren so und wird auch in 50 Jahren noch so sein.
Alles das aus der Sicht eines bereits älteren Investors.
Für jüngere Investoren in der Ansparphase mag eine andere Strategie richtiger sein. Für Trader allemal. Jeder muss seinen Weg finden.
Für mich waren die Aussagen von @boersentilz sehr hilfreich. Konzentration auf die Grundlagen (seine 3Gs, wie er sie nennt) im Aktienportfolio, ausreichend Cash in der Hinterhand, damit man auch im Notfall nicht verkaufen muss. Dinge man als Fortgeschrittener schon weiß, aber wichtig für mich um diese Grundlagen nicht aus den Augen zu verlieren.
Ich bedanke mich herzlich für den Beitrag!
Hat euch der Beitrag gefallen? @Boersenstilz und ich freuen uns über eure Kommentare.
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Schönes Interview. Boersenstilz ist ein interessanter Interviewpartner. ich bin gespannt auf weitere Interviews!
Danke Hatato!
Das Interview habe ich eher spontan durchgeführt. Wenn ich wieder jemanden habe der sich bereit erklärt, wieso nicht ?!
Ich bin Börsenveteranen dankbar, wenn sie ihre Erfahrung teilen!
Gruß